Untergrund Fürth e.V. im Bay. Fernsehen!

Max Schmidt
Max Schmidt im Hilfskrankenhaus

Der «Kalte Krieg» ist vorbei, aber die Relikte aus dieser Zeit gibt es noch. Beispielsweise die unterirdischen Hilfskrankenhäuser in Gunzenhausen. In ihnen sollten im Ernstfall ca. 1500 Personen aus den Städten Nürnberg, Fürth und Ansbach versorgt werden. Nun, seit dem Mauerfall vor 20 Jahren redet niemand mehr von einer akuten militärischen Bedrohung, der Katastrophenschutz führt daher ein Schattendasein.

Aus dem Dornröschenschlaf entrissen hat das Hilfskrankenhaus in Gunzenhausen Hr. Kamran Salimi vom Verein Untergrund Fürth e.V.

Bei zufällig entdeckten Begehungsprotokollen von 1970 mit Beschäftigten aus dem Klinikum Fürth wunderte er sich darüber: „Warum schauen sich Beschäftigte des Klinikum Fürth ein unterirdisches Hilfskrankenhaus  in Gunzenhausen an?“ Diese Frage lies ihn nicht mehr los und so rief er verschiedene Einrichtungen in Gunzenhausen an, bis schließlich sich das Rätsel wie folgt auflöste: „Im V-Fall (Verteidigungsfall) hätte das Fürther Klinikum als Stammkrankenhaus seine Patienten in Gunzenhausen versorgen müssen da man davon ausging, dass die Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen vollständig zerstört worden wäre. Somit hätte das Klinikum bis zu 1/3 seines  medizinischen Personals stellen müssen – um den Betrieb vor Ort gewährleisten zu können. Neben Fürth hatte Nürnberg und Ansbach ebenfalls ihr Hilfskrankenhaus in Gunzenhausen.“ Diese Information schlug am Klinikum ein wie „eine Bombe“ – und es dauerte nicht lange, bis ein Begehungstermin nach über 30 Jahren wieder erfolgte – diesmal allerdings unter anderen Vorzeichen.

Was bleibt von den Hilfskrankenhäusern? Die Nutzungsmöglichkeiten sind beschränkt. In der Sendung «Freizeit» wird das Bayerische Fernsehen am 12. November um 21.15 Uhr über die Hilfskrankenhäuser in Gunzenhausen berichten. Der populäre Moderator «Schmidt Max» wandelt durch eine der unterirdischen Anlagen in Gunzenhausen. 220 Hilfskrankenhäuser sind bundesweit insgesamt gebaut worden, 44 allein in Bayern und davon 7 in Mittelfranken. Das erste Hilfskrankenhaus bundesweit, sozusagen als „Musterhaus“, war das in Gunzenhausen. Während die meisten Einrichtungen teilgeschützt sind (Operationsräume sind im Keller, die Patienten wären nach der Notfallplanung in Klassenzimmern oder Turnhallen untergebracht), sind  nur wenige Hilfskrankenhäuser voll ausgebaut, d.h. sie sind vollständig unter der Erde und ABC-vollgeschützt bzw. außenluftunabhängig. Einem direkten Treffen allerdings hätten sie nicht standhalten können.

Im Notfall hätten somit 600 Personen dort 14 Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten leben können (darunter 430 Patienten). Filteranlagen sollten vor atomar oder chemisch verseuchter Luft schützen. Die Ausmaße des Bunkers sind gewaltig: 13.800 Kubikmeter umbaute Fläche oder 4.000 Quadratmeter Nutzfläche für OP Säle, Röntgen- und Untersuchungszimmer, Patienten- und Personalzimmer, Küche, Sanitärräume etc.  Erbaut wurde das Hilfskrankenhaus von 1963 bis 1965 als Prototyp für andere Hilfskrankenhäuser in der BRD. Die Baukosten beliefen sich auf  3,85 Millionen DM – zusätzlich kam noch das vollständige Inventar des Krankenhauses.  Noch Mitte der 80´er Jahre hatten die Planer die Hilfskrankenhäuser wieder zurück in die Stadt holen wollen – und somit z.B.  in Fürth 1985 mit ersten Baumaßnahmen im Felsenkeller begonnen. Mit dem Ende der UdSSR und dem Fall der Mauer wurden alle Aktivitäten beendet und spätestens ab 1996 bewirkte die Neuordnung des Zivilschutzgesetzes die Auflösung solcher Anlagen. «Die Anlagen haben keinen Nutzen mehr», gab sich das Innenministerium klein laut.

„Nun werden sie nur mehr als Schutzräume geführt, es gibt sogar Pläne, sie in den nächsten Jahren gänzlich aufzulösen“ weiß Katja Kölbl, die neue Pressereferentin des Landratsamts in Weißenburg. Dann wird es in der Zuständigkeit des Landkreises als Eigentümer liegen, den Bunker instand zu halten oder gegebenenfalls etwas ganz Neues damit anzufangen. Der Bund hat sich zurückgezogen, heute gibt er dem Kreis jährlich nur mehr 2.000 Euro im Jahr für den Unterhalt. Lediglich der Schulhausmeister ist gelegentlich in der Anlage unterwegs, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. Er sagt: «Gelegentlich dringt Sickerwasser ein, es gibt auch Rostflecken, aber sonst ist alles o.k.»

Das Gunzenhauser Hilfskrankenhaus war immerhin vor 20 Jahren hilfreich, als von einem Tag auf den anderen DDR-Flüchtlinge aufzunehmen waren. 350 von ihnen drängten sich fünf Tage lang im Bunker. Ein Jahr später wurden dort kurzzeitig auch Flüchtlinge aus Rumänien einquartiert.

Gunzenhausen nimmt in der Reihe der Hilfskrankenhäuser in Deutschland eine Sonderstellung ein, denn hier findet man noch Heute ein nahezu vollständiges Materiallager und Inventar. In den Regalen lagern verpackte Babyschnuller ebenso wie OP-Besteck, Arztkittel, Bettwäsche und Handtücher. Dies ist Fred Eichinger, dem früheren Katastrophenschutzbeauftragten, zu verdanken, dass nicht alles verhökert worden ist. Die anderen 220 Hilfskrankenhäuser in Deutschland wurden meist geräumt, das Material in die ehemalige Sowjetunion oder nach Kuba verschenkt.

Immerhin wird das Hilfskrankenhaus am 28. November für einen Tag geöffnet, so dass sich jeder darin umschauen kann. Wer dabei sind will, der kann sich unter «info@fraenkischeseen.de» (oder beim Tourismusverband am Hafnermarkt) anmelden. Regelmäßige Führungen sind aber nicht geplant.

Zunächst aber wird der «Schmidt Max» durch die Katakomben wandeln. Wie BR-Redakteurin Sylvie Menning mitteilt, wird die «Freizeit»-Sendung am 12. November um 21.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt.

Hier ein paar Fotos aus dem Notkrankenhaus in Gunzenhausen

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